Interview Trickbox mit Weltmeister der Magier Bill Cheung – Ein Zaubertheater in Wiener Neustadt
Es ist Freitag Nachmittag. Ich sitze in der Trickbox und erwarte einen ganz besonderen Gast, Bill Cheung. Bill durfte ich schon vor weit über zehn Jahren kennen lernen. Vor einigen Jahren war er auch in der Trickbox mit einem großartigen Seminar. Seit dem ist viel passiert. Bill gewann einen Preis nach dem andern. Und vor kurzem hat er eine kleine Sensation angekündigt. Ein eigenes Close Up Zaubertheater in Österreich!
Es klopft an der Türe. “Komm herein!“, sage ich. Die Türe öffnet sich und Bill steht vor mir. Wie immer freundlich lächelnd, nimmt er auf dem Barhocker in der Trickbox platz.
Du gehörst ja zu den internationalen Top-Zauberern und bist in der Szene bekannt für deine überaus visuellen magischen Darbietungen. Zudem hast du mit deinen Auftritten in diversen TV-Shows auf der Welt unzählige Zuseher live und vor den Bildschirmen verblüfft. Aber vielleicht magst du dich noch mal selbst mit ein paar Worten vorstellen und kurz über deine Karriere berichten.
Ich Glaube ein Zauberer hat viele verschiedene Gebiete, in denen er arbeitet. Für mich sind drei wichtig. Der erste sind TV-Shows. Für TV-Publikum zaubern ist ganz anders als vor Live-Publikum.
Das ist auch schon der zweite Bereich. Zum Beispiel eine Theatershow, eine Kindershow, oder ein Zauberfestival. Liveshow ist was ganz anderes.
Das dritte Gebiet ist speziell nur für Zauberer. Zum Beispiel für einen Zauberkongress, für ein Seminar, einen Workshop, oder auch eine internationale Lecture-Tour. Aber ein Produkt erfinden. Also einen neuen Effekt erfinden und dann das Produkt verkaufen.
Auf den drei Gebieten wollte ich alles probieren. Ich denke sehr wenige Zauberer konnten in allen drei Gebieten sehr erfolgreich sein. Ich kenne nur ganz wenige. Zum Beispiel Juan Tamariz. Der ist es in allen drei Bereichen. Er hat viele Bücher für Zauberer geschrieben und auch sonst viel gemacht für die Zauber-Community. Er war auch sehr erfolgreich in TV-Shows. Wenn du in Spanien Zauberei sagst, denkt jeder an Tamariz. Aber auch in Theater präsentiert er sehr gut.
Ich möchte in meiner Karriere alles in allen drei Bereichen ausprobieren.
Hast du einen Lieblingsbereich?
Mein Lieblingsbereich ist die Live-Show. Das ist auch warum ich dieses Theater mache. Aber in den vergangenen Jahren habe ich vor allem viel in TV-Shows probiert. 2017 war die Blockpool Convention hier ein großer Gamechanger für mich. Diese fand gemeinsam mit der Europameisterschaft statt. 4.000 Zauberer haben sich da für mehrere Tage getroffen. Da kommen natürlich auch viele Show-Agenturen und TV-Produzenten. Ich habe den Grand Prix in Close Up Magic gewonnen. Und dann habe ich viele Leute kennen gelernt und viele Aufträge bekommen. Zum Beispiel für die chinesische TV-Show “Amazing magicians”.
Dort habe ich zwei Monate gearbeitet. Es war sehr anstrengen. 12 bis 15 Sunden am Tag. Manchmal liefen die Aufnahmen bis Mitternacht. Da gibt es eine große Halle mit Werkstatt, wo du dir alle Ideen umsetzen lassen kannst. Mit Tischlerei, Schlosserei, Techniker,… und so weiter. Du sagst, was du brauchst und die machen das für dich. Du muss es aber dann alles in zwei, oder drei Tagen umsetzen. Das ist nicht wie bei einer Live-Show, wo du 10 Jahre üben kannst, bis du es dann auftrittst. Im TV werden immer neue Sachen verlangt. Die 10 Episoden waren danach wie ein Wettbewerb. So ähnlich wie Dancing Stars. Es gab verschiedene Mannschaften, zum Beispiel eine deutsche, eine chinesische oder auch eine japanische. In jeder Mannschaft gibt es fünf Zauberer. Jede Folge wird eine ausgesucht, die dann Auftreten muss. Die Zuseher und eine Jury vergeben danach Punkte. Am Ende bekommt die Mannschaft mit den meisten Punkten einen großen Preis.
Wer hat gewonnen?
Unser Team hat gewonnen! (lacht)
Mit Live-Shows konnte ich auch viel gewinnen. Zum Beispiel 2018, das wurde ich FISM World Champion of Card magic in Busan. Da waren natürlich auch wieder viele Agenturen. Und so ging es weiter.
In Zeiten wie diesen, hört man Theatern ja eher wenn sie schließen. Dass ein neues aufmacht und noch dazu ein Zaubertheater hat viele überrascht. Wie kam es zu der Idee?
Ich habe danach viele Reisen gemacht und konnte mir Zaubertheater ansehen. Las Vegas, Paris, Tokio, oder auch in Thailand. 2019 bin ich 200.000 Kilometer geflogen. Es war ein Wahnsinn. Jeden Tag fliegen, dann 20 oder 30 Minuten Show schon geht es wieder weiter.
Jetzt möchte ich nicht mehr so viel unterwegs sein. Mein Kind ist drei Jahre alt. Es ist schwer mit einem Kind so viel zu fliegen. Meine Eltern sind auch nicht bei mir. Somit muss ich mich selbst mit meiner Frau darum kümmern. Das war der erste Grund warum ich ein Theater in Österreich machen wollte. Da brauch ich dann nicht mehr hin und her fliegen, sondern die Leute kommen zu mir.
Der zweite Grund war die Pandemie. 2020 waren fast alle Veranstaltungen abgesagt, oder verschoben. Auch Reisen war schwierig. Meine letzte Show 2020 war in England bei Britain’s Got Talent. Danach machte ich keinen Auftritt mehr, sondern habe mich nur mehr auf das Theater konzentriert.
Wie ich heuer zum ersten Mal davon gehört habe, hatte ich gerade frisch die Trickbox in Wiener Neustadt aufgemacht. Ich musste zwei mal hinschauen, weil ich es erst gar nicht glauben konnte, dass dein Theater quasi ums Eck bei mir entsteht. Was bringt dich in diese Stadt?
Das ist ein Zauberschicksal! (lacht) So ein Lokal für ein Theater muss einige behördliche Auflagen erfüllen. Man kann nicht einfach irgendwo, irgendeine Halle mieten. Dann bekommt man nie eine Bewilligung. Ich habe lange Zeit nach einem Lokal gesucht, das passt.
Ich habe eine Halle gesucht, die zumindest 4 Meter hoch ist. Denn ich muss eine Tribüne bauen. Zweitens muss sie ganz offen sein. Also ohne Säulen und ähnliches. Drittens musste sie zumindest 300 bis 400 Quadratmeter groß sein. Denn ich wollte nicht nur eine Tribüne, sondern auch eine große Lounge einbauen, damit die Besucher trinken und essen können.
Zuerst habe ich mir eine Remise in St. Pölten angeschaut. Es war interessant und ich wollte es schon zu einem Theater umbauen. Aber es war dann zu viel kaputt. Da hätte ich zu viel investieren müssen. Dann gab es ein Kesselhaus in Baden. Es hätte auch gut gepasst. Aber es gab zu wenige Parkplätze. Ich möchte ja ein Theater für 200 Zuseher. Die hatten nicht so viele.
Und dann habe ich die Halle in Wiener Neustadt, in der Nähe des Flughafens gefunden. In einem Gewerbepark mit 2 Hotels in Gehweite und 600 kostenlosen Parkplätzen. Leute, die eine weitere Anreise haben, können hier gleich im Hotel bleiben. Die sind nur 2 Minuten Fußweg weit weg.
Aber trotzdem wird es noch schwierig, auf Grund von vielen behördlichen Auflagen. Zum Beispiel brauche ich sogar Fahrradabstellplätze. Dazu kommen natürlich noch Dinge wie Umweltbegutachtung, Brandschutz, Notausgänge,… und so weiter. Das ist alles nicht so einfach, eine Bewilligung zu bekommen.
Und jetzt natürlich die wichtigste Frage: Was wird uns in deinem Theater erwarten? Was magst du uns schon verraten?
Die Idee ist es, ein Close Up Zaubertheater zu machen. Also Tischzauberei. Bei einem normalen Theater, ist die Bühne ja in der Höhe und die erste Reihe ist fünf Meter weg. Bei mir ist die letzte Reihe gerade mal 6 Meter weit weg. Die erste Reihe ist direkt an der Bühne. Jede Reihe ist zudem 40cm erhöht. Die Zuseher sehen also auf die Bühne runter. Diese ist eher klein. Ca. 2 mal 4 Meter.
So etwas gibt es in Österreich noch nicht. Die Zuseher sind eng zusammengepackt. Sie sind nicht nur Zuseher, sie spielen auch mit. Es wird sehr interaktiv. Es gibt als nur spezielle Shows in diesem Theater.
Es werden auch andere, internationale Künstler, zum Beispiel aus Frankreich oder auch Spanien auftreten. Ich habe viele Kontakte zu den Spitzen-Close Up Zauberern auf der Welt, da ich fünf mal bei der FFFF Convention eingeladen war. Da treffen sich jedes Jahr die 200 besten Close Up Zauberer der Welt. Nur wenn du eingeladen wirst, kannst du teilnehmen. Dort sind nur große Namen dort und ich konnte viele kennen lernen.
Wie viele Shows werden so stattfinden?
Das erste Jahr vielleicht 120 Shows. In Zukunft wahrscheinlich 200 Shows im Jahr. Davon mache ich in etwas 60% bis 70% selbst und den Rest Gastkünstler. Es wird verschiedene Shows geben. 70 Minuten, oder auch 100 Minuten mit Pause. Dazu Family-Shows am Sonntag.
Es wird aber nicht nur ein Theater, sondern auch eine Plattform für die Zaubercommunity. Für Seminare, Workshops oder auch ganze Zauberfestivals. Kurse für Kinder, Erwachsene oder auch Zauberprofis.
Zu guter Letzt die Lieblings-Abschlussfrage, die ich allen Stelle. Gibt es ein schönes Hoppla, oder auch ein schönes peinliches Erlebnis aus deinem Künstlerleben?
Ja, bei mir gibt es sehr viel, dass schief gegangen ist, oder was mich überrascht hat (lacht). Ich war zum Beispiel mal in Deutschland für einen Workshop eingeladen. In einem Zaubertheater in Stuttgart. Mir wurde gesagt, ich soll für zwei Tage ein Seminar und einen Workshop vorbereiten. Ich dachte, da kommen sicher 50 Leute, oder so. Also habe ich meinen Koffer gepackt. Mit meinen ganzen Produkten und meinen Seminarheften. Du brauchst viel Material für zwei Tage. Ich flog dort hin, kam an, alles sollte gleich beginnen, aber es gab nur einen einzigen Zuschauer. Der Besitzer des Theaters. Ich fragt ihn, warum kein Zuschauer kommt. Aber er sagte: „Dieses Seminar und dieser Workshop ist nur für mich alleine“. Damit habe ich nicht gerechnet. Es war aber dann lustig. Wir haben auch sehr viele Ideen ausgetauscht. Ich habe dabei auch viel gelernt.
Ich war ja auch viel auf Reisen. Dabei habe ich natürlich immer meinen Zauberkoffer mitgenommen. Bei einer Sicherheitskontrolle in New York war es einmal ganz schlimm. Alles was unbekannt ist, zum Beispiel schon die „unsichtbare Geldbörse“, oder auch ein Rubik Cube mit vielen Magneten drinnen, das muss alles genau kontrolliert werden. Bei jedem Teil wird genau gefragt: „Was ist das?“ Und es ist natürlich schwierig zu erklären, es sind ja Zaubergimmicks. Ich musste vor dem Officer alles vorführen! Eine halbe Stunde lang, eine kostenlose Show! Am Schluss waren sie dann zufrieden. Ich packte meine Sachen ein und wolle rausgehen. Auf einmal sagten sie: „Stopp, du musst mit uns ins Büro gehen.“ Ich hatte Angst und dachte die machen mir jetzt vielleicht Schwierigkeiten. Aber dann haben sie gesagt: „Du muss unseren Chef die Tricks auch nochmal zeigen!“ (lacht). Also habe ich meinen Koffer geöffnet und alles nochmal hergezeigt.
Lustig war auch ein Auftritt in Québec, in Kanada. Da gibt es verschiedene Zonen. Englischsprachige und französischsprachige. In Québec wird vor allem französisch gesprochen. Also habe ich den Stage Manager gefragt, ob denn auch alle englisch verstehen. Er hat mir gesagt, ich brauche mir keine Sorgen machen. Jeder spricht auch gut englisch. Der Vorhang ging auf, ich holte zwei Zuschauer auf die Bühne. Einer davon ein junger Bub. Und der sprach kein Wort englisch! Ich habe ihm gesagt, er soll bitte die Karte unterschreiben, aber er hat nichts verstanden. Seine Mutter hat irgendwann dann aus dem Publikum gerufen: „Sign the fucking card!“ (lacht). Irgendwann hat er es dann gemacht. Nach der Show habe ich gefragt: „Du hast mir gesagt, dass alle englisch verstehen. Warum hat er es nicht verstanden?“. Er antwortete: „Ich habe gemeint, nur die Erwachsenen. Er hat es noch nicht in der Schule gelernt. Du hättest einen Erwachsenen aussuchen müssen“ (lacht).
Mehr zu Bill findest du auch unter…
links:
https://trickbox.net/interview-mit-bill-cheung-ein-zaubertheater-in-wiener-neustadt
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